Knast-Blatt-Herausgeber Ralf-Axel Simon
Staatsanwalt will Berufsverbot

Seit anderhalb Jahren in der Schwebe sind mittlerweile die Verfahren gegen den 29jährigen Herausgeber des "Knast-Blattes", Ralf-Axel Simon, in denen er wegen Beleidigung und Verstößen gegen das Berliner Pressegesetz zu hohen Freiheits- und Geldstrafen verurteilt worden war. Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht hat nun gegen ihn ein vorläufiges Berufsverbot bezüglich seiner Tätigkeiten als "Journalist, Redakteur und Verleger" beantragt.

Seit über 5 Jahren veröffentlicht Ralf-Axel Simon bereits das Knastblatt, ein regelmäßig erscheinendes Info-Blatt, das verstreute Pressemeldungen und andere Nachrichten über Repression im Knast zusammenträgt und inzwischen eine Gesamtauflage von über einer Million erreicht hat. Zum ersten Mal verurteilt wurde er im März vergangenen Jahres wegen Beleidigung und Diskriminierung von Polizeibeamten. Er wurde vor die Wahl gestellt, 7 Monate abzusitzen oder 8000 DM zu bezahlen.
Ralf-Axel Simon verteidigt sich vor Gericht meist selber und gilt dort als "Überzeugungstäter" und "völlig uneinsichtig". Zu diesem Schluß kam jedenfalls im Juli 81 ein Moabiter Gericht, vor dem er sich wegen eines Leserbriefs an die Charlottenburger Stadtzeitung "Schlorrendorfer" verantworten mußte, in dem er einen Tegeler Vollzugsbeamten bezichtigt hatte "Gefangene auf bestialische Art und Weise gequält und mißhandelt zu haben".
Zu sechseinhalb Monaten ohne Bewährung und hohen Geldstrafen verurteilt, stand er im Oktober erneut "wegen Verstoß gegem das Pressegesetz vor Gericht. Wiederholt hatte er im Knast-Blatt von "Bullen", "Staatsschmutz" und Ähnlichem geredet und nach Auffassung des Staatsanwaltes und des Gerichtes überdies ein positives Verhältnis zu Gewalttaten bekundet. Diesmal waren es gleich 10 Monate ohne Bewährung.
Nachdem gegen alle diese Urteile Berufung eingelegt wurde, über die nach anderthalb Jahren immer noch nicht entschieden worden ist (-die übliche Berufungszeit beträgt drei Monate-) versucht die Staatsanwaltschaft seiner unliebsamen Tätigkeit nun auf anderen Wegen beizukommen. Der Berufsverbotsparagraph, meist gegen Gaststättenbesitzer angewandt, tauchte in politischen Zusammenhängen bislang aus naheliegenden Gründen nicht auf. "Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat", heißt es in §70 STGB , "die er unter Mißbrauch seines Berufes oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt...kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs...verbieten."
Ralf-Axel Simon fürchtet, daß diese "vermutlich erste Anwendung des Berufsverbotsparagraphen in diesem Zusammenhang seit 1945" die Kriminalisierung der Leute vorbereite, "die weitermachen", wenn er im Knast sitzt. Ihm werde es dann auch unmöglich sein "aus dem Knast über den Knast zu schreiben".
Am 22. Oktober beginnt in Moabit ein neues, das vierte Verfahren gegen ihn.




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