ETD2003 Conference at Humboldt University, Berlin, wo ich gegen zahllose Teilnehmer in dem Gewand des ersten türkischen Schachautomaten spielte, 12 Stunden am Tag, vier Tage lang





RALF-AXEL SIMON:"IN DEN AUGEN DES STAATES BIN ICH TERRORIST -

IN DEN AUGEN MEINER FREUNDE EIN NARR

UMGEKEHRT WÄRE ES MIR MANCHMAL LIEBER!"

Aus der Provinz (nähe Osnabrück) flüchtete ich 1972 vor der Bundeswehr nach Bärlin, wo ich in der Kinderladenbewegung lernte dem staatlich verordneten Demokratiebegriff die Praxis der Anarchie entgegenzusetzen.

Nach einem Jahr Schuldienst erhielt ich 1975 Berufsverbot als Lehrer und schloß mich der Zeitung Radikal an. 1977 begann ich in der Roten Hilfe die Knastarbeit. 1978 war ich fünf Jahre lang Journalist,Redakteur , Verleger und Vertreiber des Knastblattes in Personalunion ( Auflage: 25000). 1982 bekam ich die größte Auszeichnung, die dieser Staat zu bieten hatte: Berufsverbot als Journalist, Redakteur, Verleger. 1985 dann 2 Jahre, 4 Monate Haft (davon habe ich 18 Monate in Einzelhaft abgesessen) wegen:"Beleidigung von Polizei und Justiz, sowie anderer Straftaten". Anschließend baute ich das Cafe Untergrund und den Verein Freiabonnements für Gefangene auf und arbeitete ein Jahr bei der Taz. Ausgebrannt wendete ich mich der Welt auf den 64 Feldern zu und lebe seitdem als Schachprofi bzw. Schachhändler.Ich bin in 7 Knastanthologien vertreten (davon eine in italienischer Sprache). viermal erhielt ich den Ingeborg-Drewitz-Literaturpreis (kleine Kuriosität am Rande: ingeborg Drewitz und ich besuchten vor zwanzig Jahren den Gefangenen , den ich zur Titelfigur meines in "wenn wände ezählen könnten" abgedruckten Romanfragmentes machte: ihm wurde ein Segelboot in den Knast geliefert, was 3 Tage auf dem Knastvorplatz "geparkt" wurde, bevor es an die Lieferfirma -einem großen Versandkonzern- zurückversand wurde.).1996 erschien mein Gesamtwerk:"Eigentlich ist der Knast mein Leben", in der Edition Schwarz-Rote-Seele im Scheunenverlag . 1998 hatte ich mich kurzfristig einer Gruppe von Amnesty International angeschlossen, was dann langfristig aber an meiner arbeitsüberlastung scheiterte.2004 bekam ich einen anruf von der mutter eines inhaftierten, die mich zu einer Haftgruppe in Moabit einlud. Dort stand ich Rede und Antwort und ich wurde gefragt, ob ich auch regelmäßig kommen würde. Da ich mich nie mit einer Gruppe identifiziere, sondern diese Gruppe nur als den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen unterschiedlichen menschen ansehe, habe ich zugesagt. es waren zum größten teil Sozialarbeiter, die im Vollzug arbeiteten. ich hatte damit kein Problem, obwohl ich immer der Ansicht war, dass eine wirkliche Sozialarbeit im Vollzug nicht möglich ist, solange eine Sozialarbeit vom Senator für Justiz bezahlt wird nicht vom Senator für Soziales, trotzdem kann ich akzeptieren, dass andere Menschen einen anderen Weg wählen -den ich nicht permanent diskutieren muss und ich möchte mich immer auf die gemeinsamkeiten konzentrieren. und ehrlich gesagt habe ich auch bei einem anderen weg eine gewisse Bewunderung dafür, dass er dem herkömmlichen widersteht. aber,dass ich allein eine andere haltung zur justiz als die mehrheit der Gruppe hatte führt dazu, dass die Gruppe mich nicht mehr duldete. Seit 29 Jahren habe ich meine Heimat gefunden in der Selbsthilfe Wohnungsbaugenossenschaft (meine Postadresse:Forsterstr. 56, 10999 Berlin) Ich bin jederzeit bereit aus meinen Texten zu lesen und über den Unsinn - Menschen in Schließfächer zu sperren- zu diskutieren. Bei größeren Organisatoren bitte ich um das übliche Honorar, bei Menschen, die kein Geld haben lese ich kostenlos(auch Fahrtkosten brauche ich nicht , ich komme angetrampt). Durch das Schreiben bekam ich das Gefühl, daß meine Schmerzen einen Sinn bekamen, so daß einige Wunden vernarbt sind. Das Schreiben ist für mich aber vorallem die Fortsetzung des Kampfes gegen diese Gesellschaft, mit meinen Mitteln (wobei ich mich nie von anderen Mitteln distanzieren würde!) .



1987 bei der TAZ






Ralf-Axel Simon
Albrechtstr. 111
12167 Berlin
Tel: 030/95991147
E-Mail: ralf-axel.simon@knastblattaxel.com




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