Die Gedanken sind frei
Literatur, 09.06.2008, MAIKE JANSEN
,Ralf-Axel Simon dagegen ist zur Preisverleihung gekommen - seine Haftzeit liegt bereits weit in der Vergangenheit: Mit 29 Jahren kam der heute 55-Jährige ins Gefängnis in Berlin-Moabit, verbrachte dort 18 Monate in Einzelhaft. "In den Augen des Staates bin ich ein Terrorist, in den Augen meiner Freunde ein Narr", sagt Simon über sich selbst - dennoch wirkt er nicht unglücklich.

Viermal hat er bereits den Gefangenenpreis gewonnen, das Schreiben ist längst mehr als bloßer Zeitvertreib für ihn: "Meine Schmerzen erhielten dadurch, dass ich sie einer größeren Öffentlichkeit mitteilen konnte, nachträglich einen Sinn", meint er.

Erfolgserlebnisse im Haftalltag

"Eine völlig unmoralische Zusammenfassung von einem Jahr in Haft" - so hat Simon seinen Text überschrieben. Eine Geschichte voll von kleinen Grausamkeiten des Haftalltags, der für den Protagonisten nur dadurch erträglich wird, dass er sich eine imaginäre Freundin sucht: "Weiblich soll das Wesen schon sein, nicht wegen das Geschlechts, sondern wegen der Sozialisation. Diese ganze Welt wurde von Männern aufgebaut - auch der Knast ist potenzierte männliche Logik. Gerd braucht eine moralisch zweifelnde Instanz."




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