ZITTY Februar 1983


ZITTY Februar 1983
Knastblatt-Herausgeber im Knast
"Es sei einmal deutlich herausgestellt, daß wir hier im Knast Respekt vor deiner Arbeit haben". Das schrieben Gefangene aus Tegel dem "Knastblatt"-Herausgeber Ralf-Axel Simon, nachdem er mitte Januar zu einer Haftstrafe von 16 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden war. Und sie legten runde 80 Mark dazu. Knast-Geld, das "Spontan auf den Tisch sprang" und von dort auf Simons Konto.
knast-Solidarität einmal umgekehrt , denn seit 1977sammelt und wirbelt der nicht vorbestrafte Ralf-Axel für die Gefangenen der Haftanstalt. Vom Erlös seiner Arbeit als Zeitungsausträger (u.a. für ZITTY) zahlt sich der siebenundzwanzigjährige nur den Sozialhilferegelsatz aus. Demn Rest seiner monatlichen Einnahmen steckt er in die Knastarbeit. Er verschickt Pakete und Radios, spendet Geld für Zusatznahrung "zum Blechnapffraß".
Und:Ralf-Axel Simon zeichnet verantwortlich für das "Knastblatt"-zweiwöchentliche Auflage rund 20000 - dessen Informationen rund um Knast und politisch motivierten Widerstand die Staatsanwaltschaft immer wieder zu Strafverfahren gegen ihn anstacheln. Runde Zehn Vefahren hängen in der Schwebe , vier erstinstanzliche Urteile sind bereits ausgesprochen.
Immer wieder geht es dabei um Ralf-Axels Terminologie, um "Bullenterror", "Staatsschnüffler" un d "Staatsschmutz", um die Tatbestände der Beleidigung , des Aufrufs zu strafbaren Handlungen und eines unsachgemäßen Impressums. Ralf-Axel Simon gilt vor Gericht als "Überzeugungstäter". Aber im Knast haben sie, das sei einmal deutlich herausgestellt, vor seiner Arbeit Respekt.
Anfang Februar, als Ralf-Axel seiner Arbeit als Zeitungsausträger nachging, einer Arbeit, deren Erlös er Gefangenen zugute kommen läßt, wurde der Überzeugungstäter verhaftet.
sicher, da gibt es das Urteil des landgerichts gegen ihn, ein Urteil, das auf 16 Monate ohne Bewährung lautet. Aber dem Haftbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft war nicht stattgegeben worden. Der Grund für die Verhaftung von der Straße weg, war ein anderer, Ralf-Axel Simon, der "Überzeugungstäter" gilt zum Zeitpunkt seiner Verhaftung nämlich als "wohnungslos".
Und wohnungslos gemacht hatte ihn die Polizei - per Zwqangsabmeldung aus seiner Kreuzberger Wohnung. Diese wurde Ende Januar durchsucht, Ralf-Axel konte nicht angetrofen werden und also beschied die polizei: der wohnt hier nicht mehr und meldete ihn höchst offiziell ab. Die übliche Rücksprache beim Vermieter, einer Genossenschaft, der Simon selbst angehört, wurde nicht vorgenommen.
Damit wurde der "Überzeugungstäter" "wohnungslos" und es bestand "akute Fluchtgefahr". Im Haftbefehl heißt es:"hält sich in Berlin verborgen". dabei konnte man ihn täglich auf der Hardenbergstrasse beobachten , beim Zeitungenaustragen. Das taten auch die Zivilpolizisten, die ihn schließlich festnahmen.
Noch etwas ist merkwürdig an diesem Haftbefehl. Dort wird nämlich ausdrücklich auf ein Berufsverbot bezug genommen, wonach Simon als Redakteuer, Journalist und Verleger vorläufig nicht tätig werden darf. Nur:Dieser in der Berliner Pressegeschichte einmalige Berufsverbotsbeschluß des Amtsgerichtes Tiergarten vom September 1982 wurde bereits im Dezember vom Landgericht Berlin wieder aufgehoben.
Den Haftbefehl untermauert mit einer von der Polizei selbst herbeigeführten Wohnungslosigkeit und einem Berufsverbot , das es gar nicht mehr gibt, hielt der Überprüfung dann auch nicht stand. Zum Prüfungstermin am 10. Februar wurde ralf-Axel freigelassen.
Doch das, worüber er schreibt, der Knast, wartet nach wie vor auf ihn. Nach seines Anwalts und seiner eigenen Einschätzung muß er insgesamt wohl mit drei Jahren hinter Gittern rechnen. "Es sei einmal deutlich herausgestellt, daß wir hier im Knast Respekt vor deiner Arbeit haben" schrieben die Gefangenen aus Tegel dem "Überzeugungstäter"...


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