taz 25.4.83


Prozeß gegen Ralf-Axel Simon
Moabiter Book of Records

Wieder einmal stand Knastblattmacher Ralf-Axel Simon vor dem Amtsgericht Tiergarten, verhandelt wurden Knastblätter Nr.60-73. Wieder lautete die Anklage "Beleidigung", "falsche Verdächtigung" und Verstoß gegen das Impressumsgesetz", "Anstiftung zur Brandstiftung" (...soll der Schweinestall in Flammen aufgehen") wurde diesmal wegen Geringfügigkeit fallen gelassen.
Ralf-Axel Simon, der in den bisherigen Verfahren zu 16 Monaten Knast ohne Bewährung verurteilt wurde, beschrieb u.a.im Knastblatt 60:"die säuischen Methoden des Sicherheitsinspektors Astrat:er hat mit seiner Truppe in Abwesenheit der Gefangenen Zellenverwüstungen vorgenommen, dabei Aschenbecher, Scheren und Kissen geklaut , und , indem er den Gefangenen nichts erzählte, den Verdacht absichtlich auf Gefangene gelenkt".
Dazu Zeuge Astrat:"Die Durchsuchung war im gesetzlichen Rahmen". Dies genügte dem Staatsanwalt, wegen "Beleidigung" und "falscher Verdächtigung" 6 Monate Knast zu fordern. Die weiteren Anschuldigungen lesen sich wei eine Milchmädchenrechnung: Knastblatt 63, Beleidigung und Impressumsverstoß, gibt 4 Monate, Knastblatt 65, das gleiche, macht einen Monat, Knastblatt 66 wiederum wiederum a´3 Monate, Knastblatt 65 ebendas , ergibt 4 Monate, Knastblatt 72 siehe oben zu 4 Monaten, Knastblatt 73 wegen gerichtlich verbotener Tätigkeit gibt 5 Monate:macht summassummarum mit "Wortrabatt" (Staatsanwalt) : 18 Monate. Das Gericht (mit einem ehem. Polizeibeamten als Schöffen:"ich fühle mich nicht befangen") gibt im Namen des Volkes 9 Monate ohne Bewährung. Zusätzlich ein Berufsverbot als Journalist, Redakteur und Herausgeber für 2 Jahre . R.A.Simons Verteidiger Glanert wsprach in seinem Plädoyer vom "Verfolgungswahn der Justiz". Seines Wissens sei eine Gefängnisstrafe für Beleidigung das letzte Mal 1914 wegen Majestätsbeleidigung ergangen , das letzte Berufsverbot gegen einen Journalisten gabs 1957 bei den Kommunistenverfolgungen.
!6 Monate im ersten Prozeß, 9 Monate im zweiten, weitere Verfahren stehen aus, es läppert sich. Will die Berliner Justiz damit ins Guinness Buch der Rekorde, oder will man ihm nur am eigenen Leibe demonstrieren, wie das zustandekommt, was Ralf-Axel Simon ein "Terrorurteil" nennt?


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