Der TIP 20/1983


Nachgefragt von Michael Langenstein Alles bewußt einkalkuliert, Ralf-Axel Simon? "Knstblatt"-Herausgeber Ralf-Axel Simon zu seiner Verurteilung

Noch ist der ehemalige "Knastblatt" Herausgeber Ralf-Axel Simon , 30, in Freiheit. Doch nicht mehr lange. Denn das höchste Berliner Kammergericht der 4. Strafsenat, hat am 18. Augutst ein Urteil des Landgerichtes abgesegnet, in dem Simon zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten ohne Bewährung verteilt wurde. Kammergerichtsvorsitzender Karl-Heinz Meyer, in manchen Richter- wie Anwaltskreisen gleichermaßen als "scharfer Hund" gefürchtet, monierte eine ganze Serie von "Knastbläätern" wegen "Beleidigung", aber auch "wegen öffnetlicher Aufforderung zu Straftaten" und "Bedrohung". Darüber sprach der TIP mit Ralf-Axel Simon.

TIP:Das Urteil, 16 Monate Haft, ist rechtskräftig. Deine Revision ist verworfen, und Du wirst in Kürze die Strafe antreten müssen. Sind fünf Jahre "Knastblatt"-Arbeit umsonst gewesen?
Simon:Sicherlich nicht. Ich will aber meine Arbeit nicht reduzieren auf das "Knastblatt". Ich habe sechs Jahre eine Arbeit gemacht, die ich richtig fand und wo ich meine, daß sie etwas gebracht hat. Ich habe immerhin 100000 mark für Knastsachen erarbeitet, durch den Verkauf von Zeitungen und habe mit dem "Knastblatt" eine Gesamtauflage von über eine Million erreicht. Ich war einfach "Sand im Getriebe. Und das reicht mir. Außerdem war ich den Leuten unbequem:nicht umsonst haben sie auch so hohe Strafen ausgesprochen. Ich habe meine Wut nicht in mich hineingefressen. Wenn ich das getan hätte, hätte ich wahrscheinlich Krebs bekommen.
TIP:Wie liest sich für Dich die Urteilsbegründung?
Simon:Die Urteilsbegründung ist eine Farce. Und es ist Klar, daß es nicht darum geht, bestimmte Dinge zu sühnen. Sondern es geht darum, eine Arbeit kaputt zu machen.Die Verfahren sind erst nach drei, vier Jahren gegen mich eingeleitet worden, als das "Knastblatt" eine von über 20000 pro Exemplar hatte. Vorher wurde nichts unternommen, wbwohl der Sprachstil derselbe war.
TIP: Das ist der Punkt. Viele Leute aus der Szene finden, oder besser gesagt ,fanden Deine "Knastblatt"-Arbeit wichtig. Dennoch, eine ganze Menge von Leuten haben gerade die "Knastblatt"-Sprache moniert.
Simon:Ich war auf diese Sprache angewiesen. Wegen der kürze der Meldungen, war ich gezwungen, eine Tendenz reinzubringen - also eine Betroffenensprache.
TIP:Du sprichst von "Anstaltsverbrechern" und meinst die Anstaltsleiter. Oder Du hast einmal den Ex-Justizsenator Meyer als einen "Rädelsführer der Staatsterroristen " bezeichtnet. Da ist doch klar, daß sich die Staatsanwaltschaft sich für Dich interessiert.
Simon:Die hat sich schon vorher für mich interessiert. Das sind lediglich Aufhänger.Ich habe das in einem inhaltlichen Zusammenhang gebracht. Ich habe etwa den Anstaltsleiter der Lehrter Straße deshalb Schwerverbrecher genannt, weil er öfentlich erklärt hatte, daß er Heroin bewußt reinläßt, damit die Frauen dort ruhig bleiben.
TIP:Ob er das so gesagt hat, können wir kaum glaube. Trotzdem, wäre es nicht wirkungsvoler gewesen, wenn Du Dich in der Diktion etwas zurückgehalten hättest? Die markigen Sprüche, so treffend sie auch für Dich gewesen sein mögen, haben Dir doch mehr geschadet als genutzt.
Simon:Die hätten mir sowieso den Prozeß gemacht. Es ist doch ganz egal warum. Und dann möchte ich wenigstens für etwas verteilt werden, wohinter ich voll und ganz stehen kann.
TIP:Du kommst uns schon fast wie eine tragische Figur vor, die bewußt einkalkuliert hat, ins Gefängnis zu kommen.
Simon:Ich habe es bewußt einkalkuliert. Als ich die Knastarbeit begann, wußte ich, daß, wenn die Arbeit ein Stück effektiv wird, ich auch Gefahr laufe, in den Knast zu wandern. Aber, die Arbeit hört für mich drin nicht auf. Ich werde weitermachen. Klar, daß dort die Arbeit eine ganz andere Form annehmen wird. Kurz, ich werde von innen versuchen, was zu machen: ein Buch über den Strafvollzug, längere Beichte über den Knastalltag.


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